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Das Zauberwägeli® – Zwanzig Jahre spielerische Kinderpflege

Momente der Freude im schwierigen Spitalalltag. – Foto Anne Godinat

Das Zauberwägeli® ist ausgestattet mit allem, wovon die jüngsten Patienten – vom Neugeborenen bis zum Jugendlichen – nur träumen können. Es feiert seinen 20. Geburtstag.

Das Zauberwägeli® ist mehr als nur ein Wägeli. Unter diesem geschützten Begriff bietet eine private sozial-pädagogische Organisation Werkzeuge an, die Kindern und Jugendlichen zwischen 0 und 16 Jahren eine spielerische und vielfach auch eine therapeutische Begleitung ermöglichen. Pflegefachfrauen und andere Gesundheits-Fachfrauen mit pädiatrischer Erfahrung bieten jedem kranken Kind ein- bis zweimal wöchentlich eine halbe Stunde Zeit an für spielerisches Zusammensein. Dabei werden nicht nur die Emotionen der kranken Kinder angesprochen, auch die Eltern werden einbezogen. Gefühle der Kinder, wie Zorn, Langeweile, Traurigkeit oder Angst, nie mehr gesund zu werden oder sogar zu sterben, werden aufgenommen. Ziel ist es, zusammen mit dem Kind, manchmal auch mit den Eltern und/oder dem Pflegepersonal, eine spielerische Lösung zu finden und den jungen Kranken Wege aufzuzeigen, wie sie gut mit dem umgehen können, was sie bedrückt.

Fantasie blühen lassen
Befreit von den vorherigen Sorgen kommt die Zeit der Zauberinnen, die sich von den Wünschen des Kindes leiten las-sen. Wie schön ist es doch, unbesorgt zu spielen, zu basteln oder eine Massage zu geniessen. Das Angebot ist vielfältig und sollte etwas fehlen – kein Problem! Mit etwas Vorstellungsvermögen und mit Hilfe der blühenden Fantasie der Kinder wird es einfach hervorgezaubert… In diesem geschützten Zeitraum gehen die Pflegenden auf die spezifischen Be-dürfnisse der jungen Patienten ein, so wie es Virginia Henderson1 beschrieben hat:
• das Bedürfnis zu spielen,
• das Bedürfnis zu lernen und zu entdecken,
• das Bedürfnis, etwas zu tun, das ein Befriedigungsgefühl schafft,
• das Bedürfnis nach Zusammensein.
Die Wirksamkeit dieser Begleitung wurde durch eine im Jahr 2004 realisierte Universitätsstudie in Freiburg2, belegt. Auch zwei Umfragen bei Pflegenden, Kindern und Eltern haben eindeutig die Notwendigkeit einer zeitlich geschützten Fachbegleitung bestätigt. Alle gewinnen, auch das Pflegeteam. Die enge professionelle Zusammenarbeit erlaubt dem Team, oft noch gezielter zu pflegen – dies dank dem detaillierten Rapport, den sie von ihrer Kollegin erhalten haben. Kinder mit dieser spielerischen Erfahrung können sich nachher alleine beschäftigen und sind zufriedener. Dies zeigt sich zum Beispiel darin, dass sie weniger läuten.

Stetige Verbesserungen
Die Fachfrauen, die mit dem Zauberwägeli unterwegs sind, haben eine spezielle Weiterbildung durchlaufen, die darauf ausgerichtet ist, die Begleitung der Kinder laufend zu verbessern. Die Pflegenden evaluieren jeweils ihre Einätze, um ein noch gezielteres «Zusammensein» und eine den Bedürfnissen der Familie entsprechende Pflege anzubieten. Denn jeder Spitalaufenthalt ist immer eine Lebensprüfung, die nicht nur das Kind, sondern die ganze Familie betrifft. Ziel ist es, die Lebensqualität des Patienten zu fördern und eine umfassende Begleitung des Kindes und dessen Familie zu garantieren.

Ethisches Konzept
Überzeugt, dass es illusorisch ist, auf die Grundbedürfnisse der kleinen Patienten einzugehen, ohne die eigenen Bedürfnisse zu kennen und befriedigt zu haben, hat Mägi Galeuchet, die Gründerin des Zauberwägeli-Konzepts, dem Ganzen eine professionelle Ethik zugrunde gelegt und ein Ritual eingeführt, das sie während 20 Jahren ständig verbessert hat. Die Ethik ist darauf ausgerichtet, dass mit Hilfe des Kindes für jede seiner Sorgen, die es uns anvertraut, eine spielerische Lösung gefunden wird. Das Ritual lädt die Pflegenden ein, aufmerksam zu sein und auch die eigenen Bedürfnisse zu erkennen und zu respektieren. Es wird zum Beispiel davon abgeraten, von einem Einsatz direkt zum nächsten zu gehen. Es muss eine Pause eingeschaltet werden, in der die nötigen Informationen an das Spitalpersonal weitergegeben werden. Es braucht aber auch eine Wohlfühlpause, in der ich mich frage: «Was tut meinem Körper gut?» und «Was macht mir Freude, hier und jetzt?»

Bilanz und Perspektiven
35 Fachpersonen umsorgen Kinder in acht Pädiatrie-Stationen von 5 Spitälern der Westschweiz. Dieses Team wird durch den 1998 gegründeten Zauberwägeli-Verein unterstützt und beraten. Der seit 2013 als gemeinnütziger tätige Verein zählt gegenwärtig 135 Mitglieder. Nur die Vereinsadministratorin wird entlöhnt. Alle anderen Personen, die im Verein mithelfen, tun dies ehrenamtlich. Der Verein kann jedoch die Spesen der Kinderwägeli-Mitarbeitenden vergüten – dank den Spenden, die er erhält. Seit 1996 haben 70 Gesundheitsfachpersonen die Ausbildung absolviert. 30000 Kinder, 8500 Eltern kamen in den Genuss von 16000 Spiel-Stunden. Unser Wunsch wäre:
• die Grösse unseres Pflegeteams zu verdoppeln, damit noch mehr Kinder davon profitieren könnten,
• das Zauberwägeli-Konzept in allen pä-diatrischen Abteilungen in der ganzen Schweiz anbieten zu können,
• die spielerische Begleitung in die tägliche Pflege integrieren zu können. Helfen Sie mit, dass diese Jubiläumswünsche wahr werden.

Jede Person und jede Institution die sich vom Zauberwägeli-Konzept angesprochen fühlt, kann Kontakt aufnehmen mit dem Zauberwägeli-Verein: info@chariotmagique.ch/www.zauberwaegeli.ch, Mägi Galeuchet, Horizon 5, 2206 Geneveys/s/ Coffrane, 079 750 30 53

1 Virginia Henderson: Grundregeln der Krankenpflege Weltbund der Krankenschwestern (ICN 1969).
2 Université de Fribourg: Département travail social et politiques sociales Chaire francophone. Titre: Evaluation du Chariot Magique
®

■ Mägi Galeuchet

Die Fachfrau, die den 4-jährigen Max betreut, gibt den folgenden Erfahrungsbericht: Max wurde heute operiert und ist seit 2 Stunden zurück im Zimmer. Er ist schläfrig und vor einer Stunde hat er ein schmerzstillendes Medikament erhalten. Trotzdem ist er unruhig, aber zum Glück sind seine Eltern anwesend.
Als ich das Zimmer betrete, finde ich folgendes Bild vor: Max ist in der Bewegung seiner Arme sehr beeinträchtigt, am einen Arm werden seine Vitalzeichen gemessen und am anderen hängt die Infusion. Er sitzt jammernd im Bett, neben ihm Mutter und Vater, die offensichtlich beunruhigt sind. Sie vertrauen mir an, dass Max von einer fixen Idee besessen sei. Er wolle den Verband genau da berühren, wo die Infusion ist. Natürlich versuchen sie ihn daran zu hindern, doch dies macht ihn noch nervöser.
Ich nähere mich dem Jungen und frage, was ihn an dieser Stelle denn störe? Ob es ihm da weh täte? Auf sein nein sagendes Kopfschütteln hin führe ich mein Fragespiel weiter, um einzuschätzen was ihn in Wirklichkeit Sorgen macht. Er sagt, er wolle den Verband nicht sehen.
Wie kann diese Situation spielerisch gelöst werden?
Ich habe eine Idee: Ich schlage ihm vor, damit Verstecken zu spielen. Wir su­chen auf dem Zauberwägeli, womit wir den Verband verbergen könnten. Max wählt einen rosaroten Teddybär und die Mutter findet ein dazu passendes Geschenks-Band, mit dem wir den Bär auf den Verband fixieren können: Die Tarnung ist voll gelungen.
Leuchtende Augen sind nun neugierig auf den Zauberwagen gerichtet und es ist Zeit, einer seiner Spielwünsche zu erfüllen.
Als ich Max, seinen rosaroten Retter und die Eltern verlasse, ist die gespannte Stimmung einer zuversichtlichen und fröhlichen Atmosphäre gewichen, durch die sich auch das Personal anstecken lässt.

Quelle: Krankenpflege

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